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_________________________________________________ Alaskas  Süden

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 Der Yukon mit seiner unendlichen Weite und die vom Frost aufgeworfenen Straßen empfing uns mit einem Knall. Ein LKW wirbelte unkontrolliert auf einem nicht geteerten Straßenbauabschnitt Steine auf. Einer hatte sich unsere Frontscheibe als Ziel ausgesucht. Der Einschlag ließ böses erahnen. Nach der Schrecksekunde blieb der erwartete Sprung aus. Ein kleiner Impact war alles.

Da hat es Ulla und Karl am selbigen Nachmittag schwerer getroffen. Am Morley Lake fanden wir einen traumhaften Übernachtungsplatz. Das Zischen das mich beim Aussteigen empfing klang nicht nach einem regulären Zischen, nicht nach einem dazugehörigem, nicht das was man hören möchten wenn das Fahrzeug abgestellt wird. Es war ein leises, hinterhältiges dauerhaftes Zischen. Karl bekam davon noch nichts mit. Ich sagte "Karl an deinem Auto zischt es. Kann es sein das dein Reifen Luft verliert?" Der Schlauchreifen des Axor verlor Luft. Wir halfen zusammen und nach einer Stunde stand das 18 Tonnen Fahrgestell auf dem Ersatzreifen. >>

Die beiden machten sich sehr früh auf den Weg nach Whitehorse um den platten Reifen von Fachleuten flicken zu lassen. Eile war geboten denn morgen am Freitag dem 1. Juli ist Canadaday und die Kanadier gehen feiern, besuchen eine Parade oder genießen einfach nur den freien Tag und wer noch nicht genug hat fährt ein paar Kilometer weiter nach Skagway oder Hains und feiert am 4. Juli in Alaska den amerikanischen Unabhängigkeitstag. Wir nahmen beides mit, den kanadischen und den amerikanischen Feiertag.

Über den landschaftlich traumhaft schönen Klondike Hwy. und den einzigartigen Sanddünen in Carcross, machten wir uns zwischen den Feiertagen auf den Weg. Bevor wir aber wieder amerikanischen Boden unter die Räder bzw. Füße nehmen dürfen mussten wir abermals die US-Grenze passieren und das lag uns ziemlich in der Magengrube. Da wir bereits ein Jahr in Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika unterwegs sind, die mit Mexiko das sogenannte NAFTA-Abkommen eingegangen sind, müssten wir unseren Leopold praktisch außer Landes bringen. Leopold hat bei der Einreise keinen Stempel aufgedrückt bekommen und wo kein Stempel da keine Nachvollziehbarkeit, so unsere Theorie.

Unsere Theorie ging auf. Wir dürfen bis Anfang Januar im Land verweilen. Jetzt war auch für uns klar, dass wir unser Fahrzeug Mitte November von Baltimore nach Hamburg zurück verschiffen werden. Von Skagway ging es, mit der Columbia in einer Stunde über den Lynn Canel, hinüber nach Haines. Wir folgten dem Chilkat flussaufwärts um zurück nach Kanada zu gelangen. Dieser Rundkurs, von Whitehorse beginnend, ist sehr empfehlenswert und geprägt mit landschaftlichen Highlights.

Kurz nach der Grenze verlor sich die Front des Axor in unserem Rückspiegel. Wir wurden langsamer um Ulla und Karl die Gelegenheit zu geben wieder auf zu holen. Wir wurden noch langsamer da der Mercedes ja kaum zu übersehen ist konnte er auch nicht irgendwie und irgendwo an uns vorbei gefahren sein. Wir stellten uns auf den Seitenstreifen bis vor uns ein Fahrzeug hielt, die Beifahrerin ausstieg, zu unserem Leopold zurück ging und uns emotionslos mitteilte dass unsere Freunde eine Reifenpanne haben.

An der nächst besten Stelle umdrehen, einige Meilen zurück und da stand bzw. lag das gestrandete Fahrzeug. Den linken hinteren Reifen hat es vollkommen zerlegt. Das war der Reifen der in Whitehorse fachmännisch repariert wurde. Die beiden sind inzwischen ziemlich genervt. Da wir bereits ein eingespieltes Team sind konnten wir in rekordverdächtiger Zeit das Rad wechseln und unsere Fahrt gemeinsam fortsetzen.

Die Landschaft wird nicht müde uns ihre Superlativen aufzuzeigen. Eine davon, drei Elche beim grasen an einem Seeufer. Gemächlich rollen wir gemeinsam gegen Nordwesten. Eingezwängt im Westen von den Saint Elias Mountains und im Osten von der Dezadesh Range und der Ruby Range erreichten wir den stahlblauen Kluane Lake.

In Hains Junction, wo man sich bei der Village Bakery & Deli mit allerlei leckeren Köstlichkeiten eindecken kann, empfiehlt es sich bei Sonnenschein auf der Terrasse platz zu nehmen, einen Cappuccino zu genießen und das gute WiFi zu nutzen.

Die Umgebung änderte sich langsam je näher wir Beaver Creek auf dem Alaska Hwy kamen. Die Waldgebiete reichten bis an den Horizont und brachten eine gewisse Lethargie in die Landschaft. Kurz nach Beaver Creek verließen wir, für die nächsten Wochen, Kanada um in das große Alaska endgültig ein zu reisen. The last frontier wie es auf den Nummernschildern zu lesen ist. Die letzte Landesgrenze vor dem Nordpol.

In Tok bogen wir auf den Glenn Hwy ab und ließen den Versorgungspunkt der Region hinter uns. Anfangs der Straßenzustand ähnlich einer deutschen Autobahn danach nahm sie die Attitüde einer neufundländischen Landstraße an.

Der harte Winter setzt den Straßen immens zu, lässt sie absacken und den Asphalt aufreißen. Mit einer Geschwindigkeit, die stellenweise nicht höher als 50 km/h ist, überbrücken wir diese überwiegenden Teilabschnitte.

Jetzt sahen wir was uns vor elf Jahren durch die rauchgeschwängerte Luft verwehrt blieb die damals durch einen wochenlangen Waldbrand hervor gerufen wurde und Reizhusten auslöste. Heute konnten wir bei klarer Luft auf der linken Seite die Mentasta Mountain, auf der rechten den Robertson Glacier und in der Ferne die mächtigen Gletscher der Wrangell Mountain ausmachen die mit ihren schnee- und eisbedeckten Gipfeln eine weiße Symbiose mit den hoch hängenden Wolken einging.

Durch den nur mit Wolkenfetzen durchsetzen Himmel ließen sich der Mount Sanford, der Mount Drum, der Mount Wrangell und die höchste Erhebung der Mount Blackburn, mit seinen 16.390 ft (nicht ganz 5.000 Meter), von der Straße aus erkennen.

In Glennallen trennten sich unsere Wege. Ulla und Karl müssen nach Anchorage um ihr Reifenproblem zu lösen und wir möchten auf der McCathy Road zu der gleichnamigen Ortschaft fahren. Eine von nur zwei Straßen die in den Wrangell-Saint Elias NP führt.

Bei Chitina überquerten wir den bereits mächtig angeschwollenen Copper River, wo schon die Angler auf den Salmon Run warteten. 90 Schotterpistenkilometer weiter, die einst die Schienenstrecke zur Minenstadt Kennicott war, erreichten wir, das im Winter nur 20 Seelen zählende, McCarthy. Ich weiß nicht wie Bettina auf die Idee kam aber als wir die staubige Hauptstraße entlang schlenderten verschwand sie im ersten Holzhaus auf der rechten Seite. McCarthy Air stand auf einem Schild. Nach dem sie herauskam saß ich 1 1/2 Stunden später, mit einem Lehrerpaar, in einer über 60 Jahren alten 4 sitzigen Cessna und hob zu einem Rundflug ab. Nach 80 Minuten setzte Gary seine alte Lady auf der Naturlandebahn wieder auf und ich bekam den Mund nicht mehr zu. Gary ist einer von den 20 Leuten der die letzten 25 Winter in dieser Einsamkeit ausgehalten hat. Er zeigte uns einen kleinen Teil des Wrangell- St. Elias NP dessen Fläche aus 25% Gletschern besteht die wiederum 60% des gesamten Gletschervorkommens von Alaska ausmachen. In der Maschine keine digitalen oder elektronischen Helferlein. Das einzige Zugeständnis an die Neuzeit war ein GPS-Gerät. Geflogen wird auf Sicht und die Klimaanlagen ist entweder ein zu öffnendes Fenster oder ein Zylinder der in Höhe der Tragfläche in die Kabine reicht. Je nach gewünschter Luftmenge wird der Zylinder Richtung Innenraum gezogen oder Richtung Tragfläche geschoben. Durch drehen kann der Luftstrom in die gewünschte Position dirigiert werden.

Am nächsten Tag folgte die Besichtigung der ehemaligen Minenstadt Kennicott. Im Jahre 1900 durchstreiften Clarence Warner & Jack Smith die Gegend um nach Bodenschätzen zu suchen. An der Bonanza Ridge stießen sie auf den Häuptling der Ahtna. Chief Nicolai zeigte ihnen einen Berg dessen Farbe ein kräftiges Grün hervor brachte. Hier lagerte kupferhaltiges Gestein in so reiner Form wie es zuvor noch nie gefunden wurde. Die Finanziers Havemayer, Guggenheim und J. P. Morgan ließen als erstes eine Eisenbahnlinie durch das unwegsame Gelände bauen und beuteten die Minen in nicht ganz 30 Jahren aus. Hängen geblieben sind, die Zahl schwankt stark, zwischen 100 und 300 Mio. Dollar. Etwa 50 Jahre vorher kauften die Vereinigten Staaten von Amerika den Russen Alaska für schlappe 7,2 Mio. Dollar ab.

Zurück auf dem Richardson Hwy. folgten wir dem Teerband nach Valdez, begegneten einem Toyota LandCruiser mit deutschem Kennzeichen, ließen kurz das Fernlicht zur Begrüßung aufblitzten und setzten unsere Fahrt fort. Die Besatzung sollten wir später wieder treffen.

Mit einer Stärke von 9,2 auf der Richterskala bebte 1964 fünf Minuten lang die Erde. Durch die ausgelöste Flutwelle wurde das alte Valdez dem Erdboden gleich gemacht und an einer höher gelegenen Stelle wieder aufgebaut. 25 Jahre später das nächste Unglück. Die Exxon Valdez läuft auf Grund und verliert ihre Ladung. Eine bis dato noch nicht dagewesene Umweltkatastrophe, ausgelöst durch Schweröl, sucht diese einzigartige Küstenlandschaft am Prince William Sound heim.

Heute ist offensichtlich nichts mehr davon zu sehen. Valdez begeistert uns durch seine fantastische Lage. Eingerahmt u.a. durch den Shoup Glacier und dem Valdez Glacier liegt der Hafen geschützt von den Winterstürmen im Port Valdez. Ein weiterer Grund warum Bettina und ich in diese Ecke gefahren sind war die Hoffnung das wir Grizzlybären vor die Kamera bekommen. Gesehen haben wir Seelöwen die sich ihren Anteil an den unzähligen Lachsen in der Bucht von Valdez sichern.

Auf dem Weg zurück, das Straßennetz in Alaska ist sehr übersichtlich, legten wir am Worthington Glacier einen Zwischenstopp ein.

In Glennallen schlugen wir die gleiche Richtung ein wie bereits vor Tagen Ulla und Karl unter die Räder genommen hatten. Auf der 1, dem Glenn Hwy, der uns nach Anchorage bringt war der Tazlina Glacier und der Matanuska Glacier, dessen Gletscherzunge weit an die 1 heran reicht, von der Straße aus gut sichtbar. Die Sheep Mountains, mit ihren verschieden farbigen Erdschichten, bildeten einen abwechslungsreichen Kontrast zu den Eismaßen. Dem Matanuska River folgend erreichten wir die größte Stadt Alaskas und trafen unsere Freunde wieder die auf Ihre bestellten Reifen warteten.

Uns zog es hinunter nach Homer. Kurz nach der Stadtgrenze Stau. Eine gelblich schimmernde Wolke lag schwer über einen grünen Hügel. Waldbrand am Seward Hwy. Firefighter, Hubschrauber und Flugzeuge waren im Einsatz und versuchten den Flächenbrand, im schwer zugänglichem Gelände, unter Kontrolle zu bringen. Der Verkehr wechselseitig einspurig was uns in etwa 2 Stunden Wartezeit einbrachte. Die Verkehrsteilnehmer diszipliniert, keine Gaffer die die vorbei rollenden Fahrzeuge behinderten. Der Rauch zog ins Hinterland, entlang dem Seward Hwy. Wir vermuteten das ein weiterer Waldbrand wütet was sich im Laufe der folgenden Kilometer als Irrtum herausstellte.

Über den Kenai Lake begleiteten wir den türkisfarbenen Kenai River stromabwärts. Bei Meile 58 bogen wir auf die ungeteerte Skilak Lake Road ab die durch die Skilak Wildlife Recreation führt. Diese fast parallel zum Sterling Hwy verlaufende Schotterpiste hätten wir uns sparen können. Aus unserer Sicht macht diese Straße nur Sinn wenn man zum Skilak Lake oder einen der wenigen Campingplätze möchte.

Nach Sterling und Soldotna erreichten wir die Ortschaft Kenai am Cook Inlet. Hier wo der Kenai River in den Meeresarm fließt finden sich ebenfalls, von Mitte bis Ende Juli, tausende von Anglern ein um sich ihren Teil der stromaufwärts ziehenden Lachse zu sichern. Jeder Lizenznehmer darf 25 Stück und für jedes Familienmitglied weitere 10 Fische aus dem Wasser ziehen was meist mit einem Kescher geschieht der einen Durchmesser von ungefähr 1.30 m oder mehr hat. Der Salmon darf nicht verkauft werden sondern ist nur für den Eigenbedarf vorgesehen. Die Frage bleibt, wer kontrolliert diesen Erlass.

In Anchor Point waren wir am westlichsten Punkt auf unserer Reise angekommen. Auf der gegenüber liegenden Seite des Cook Inlets die Vulkane Mt. Iliamna mit seinen 10.016 ft und der Mt. Redoubt mit seinen 10.197 ft. Der eine, Mt. Redoubt war zuletzt 2009 aktiv und der kleinere zuletzt 1876. Im Süden, Richtung Homer, erhebt sich der aktivste, St. Augustine, aus dem Meer und im Norden, Richtung Anchorage, der höchste Vulkan, Mt. Spurr mit seinen 11.070 ft. Gemeinsam gehören sie zum "Ring of fire" und werden kurz AIRS genannt.

Wir spulten auf der Kenai Peninsula, die übrigens in den letzten 21 Tagen 235 Unfälle mit Elchen zählte, unsere letzten Kilometer herunter um nach Homer zu gelangen. Hier in Homer endet mehr oder weniger die Straße. Ab hier geht es nur noch mit Fähre oder Flugzeug weiter.

Unsere nächsten Ziele liegen im äußersten Norden von Alaska und werden uns quer durchs Land bringen bis über den Polarkreis hoch zur Beaufort See am Polar Meer.


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